20 Juli 2006

Deutsche wollen mehr Europa - Neue Eurobarometer-Studie

Das große Thema in Ost und West ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - das ist das wichtigste Ergebnis des Mitte Juli in Berlin vorgestellten Eurobarometers Frühjahr 2006. Deutliche Unterschiede zeigen sich zwischen Ost- und Westdeutschen: Ostdeutsche wissen im europäischen Vergleich am wenigsten über die Europäische Union. Zwei Drittel der Ostdeutschen haben sich von der bundesdeutschen Demokratie abgewendet.

Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit wünschen sich die Befragten mehr greifbare Ergebnisse aus Brüssel. Zentrales Problem der europäischen Einigung ist für viele Deutsche nach wie vor die mögliche Verlegung von Arbeitsplätzen in EU-Mitgliedsländer mit geringeren Lohnkosten. Mit der Angst um den Arbeitsplatz wächst auch die Furcht vor dem Verlust von Sozialleistungen: 74 Prozent der Ostdeutschen und 66 Prozent der Westdeutschen verstehen die europäische Einigung als Abbau von sozialer Sicherung. So solle Europa auch im Bereich der Sozialpolitik tätig werden. 70 Prozent der Befragten befürworten eine Vertiefung der bestehenden Zusammenarbeit in Europa. Dazu zählen die bisher von den Nationalstaaten selbstständig betriebenen Bereiche der Verteidigungs- und Außenpolitik.

In keinem anderen der 30 befragten Europäischen Staaten wissen die Menschen so wenig über die Europäische Union wie im Osten Deutschlands: 49 Prozent geben an, die EU bestünde immer noch aus 15 Mitgliedstaaten. 46 Prozent sind fälschlicherweise davon überzeugt, dass die Abgeordneten des EU-Parlaments nicht von den Deutschen gewählt werden. Alarmierend ist Demokratieverdrossenheit im Osten des Landes: 65 Prozent sind enttäuscht von der bundesdeutschen Demokratie. Dagegen sind zwei Drittel der Westdeutschen durchaus zufrieden mit dem politischen System in der Bundesrepublik.

Dass das eigene Leben sich verschlechtern wird, glauben 39 Prozent der Ostdeutschen und 25 Prozent der Westdeutschen. Vor allem Ostdeutsche zwischen 40 und 54 Jahren sehen pessimistisch in die Zukunft. Nur 28 Prozent glauben, dass ihr eigenes Leben sich in den nächsten fünf Jahren verbessern wird. Im Osten des Landes äußern sich aber die jungen Menschen ausgesprochen optimistisch über ihre individuelle Zukunft - sie sind sogar deutlich positiver eingestellt als ihre westdeutschen Altersgenossen: So erwarten 87 Prozent der Studenten im Osten, dass sich ihre Lebenssituation verbessern wird - im Westen sind es 62 Prozent.

Das Eurobarometer ist die weltweit älteste regelmäßig durchgeführte Stimmungs- und Meinungsumfrage. Erstmals hat die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland den Schwerpunkt der Auswertung auf Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland gelegt.

Eurobarometer 65

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